Maurice Steger ist wohl jedem ZKO-Besucher ein Begriff. Der Flötist tritt regelmässig in ganz unterschiedlichen Rollen mit dem Orchester auf: Mal präsentiert er spannende Konzerte mit ausgefeilten Programmen, mal schickt er den Kinderstar Tino Flautino auf Reisen. Was vielleicht nicht viele wissen, ist, dass die Flöte für Maurice Steger keine Liebe auf den ersten Blick war. In Graubünden, wo er aufgewachsen ist, begeisterte ihn – wie manch anderes Kind – zunächst einmal das Skifahren. Er ist zahlreiche Rennen gefahren, an eine Karriere als Musiker hat er nicht einmal gedacht. Zumal seine erste Begegnung mit der Flöte in der Grundschule eher katastrophal verlief. «Ich hatte echte motorische Probleme. Die anderen Kinder spielten viel besser, die Lehrerin ist fast an mir verzweifelt», erinnert er sich. Erst als er Einzelunterricht bekam, funkte es plötzlich: Der Atem war da, die Finger bewegten sich, er entdeckte die Möglichkeit, wirklich mit seinem Instrument zu spielen, sich durch Musik auszudrücken. Dann ging alles ganz schnell: Mit 15 Jahren hat Maurice Steger die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule in Zürich bestanden, ist – entgegen dem Rat seiner Eltern, die ihn drängten, die Handelsmatura zu beenden – gependelt und wusste: «Ich werde Musiker.»

Heute ist Maurice Steger einer der gefragtesten Flötenvirtuosen unserer Zeit, manche nennen ihn sogar den «Rubinstein der Blockflöte». Das Besondere an Maurice Steger ist, dass er nicht bloss musiziert, sondern sich die musikalischen Welten, die er in seinen Konzerten vorstellt, immer auch historisch erschliesst – egal, ob es sich um Musik aus Neapel handelt, um die Rekonstruktion lange verschollener Noten oder, wie in seinem aktuellen Konzert mit dem ZKO, um ein Programm, das sich fast ausschliesslich um Johann Sebastian Bach dreht und dessen Eckpfeiler das dritte und das vierte Brandenburgische Konzert bilden.

Die Kunst der geschnittenen Verzierung

Dem Bach-Konzert mit Maurice Steger werden die filigranen Scherenschnitte von Hans-Jürgen Glatz eine weitere Dimension hinzufügen – dies im Rahmen des Saisonmottos «Art is in Residence».

Die Verzierung ist keine blosse Dekoration und der Sinn des Ornaments besteht nicht nur in seiner Schönheit. Das können wir in der barocken Musik, besonders im Werk Johann Sebastian Bachs, lernen. Das können wir aber auch den Scherenschnitten von Hans-Jürgen Glatz ablesen: Filigran, ornamental und verziert bis ins letzte Detail, sind sie dennoch viel mehr als nur raffiniertes Handwerk. Die Schnitte mit ihren Bäumen, ihren lebendigen Menschen und blühenden Landschaften im Jahreskreis sind Kunstwerke, die über sich selbst hinausweisen. In den 1990er-Jahren ist Glatz aus Süddeutschland ins Berner Oberland gezogen, wo er den Scherenschnitt kennenlernte und sich sofort in diese Kunstform verliebte. Seither hat er unzählige Werke geschaffen, die das bäuerliche Leben zum Ausdruck bringen. Die Schnitte spielen mit konkreten Details, zeigen grasende Kühe, flatternde Wäsche und filigrane Baumleitern. Gleichzeitig aber ist das Miniaturdetail immer auch Teil der Gesamtwirkung. Es dürfte spannend werden, die papiernen Kunstwerke als Schablone über die Werke Bachs zu legen und die visuell-dialogische Wirkung zu erleben.

ART IS IN RESIDENCE: Scherenschnitt

Besetzung:
Maurice Steger (Blockflöte und Leitung)
Laura Schmid (Blockflöte)
Zürcher Kammerorchester

Werke:
Giuseppe Antonio Brescianello – Sinfonia F-Dur op. 1 Nr. 5
Johann Sebastian Bach – Brandenburgisches Konzert Nr. 3 G-Dur BWV 1048
Johann Sebastian Bach – Klavierkonzert Nr. 2 E-Dur BWV 1053, Fassung für Blockflöte in D-Dur
Johann Sebastian Bach – Sinfonia aus der Kantate BWV 18 «Gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt»
Johann Sebastian Bach – Brandenburgisches Konzert Nr. 4 G-Dur BWV 1049

Treffen Sie unsere Musiker und Solisten nach dem Konzert bei einem Freigetränk in unserer Lounge.

Wo: Schauspielhaus Zürich – Pfauen, Rämistrasse 34, 8001 Zürich
Wann: 28. April 2018, 19.30-21.30 Uhr
Preis: Kat. I: CHF 105, Kat. II: CHF 95, Kat. III: CHF 82, Kat. IV: CHF 40